VON
PETER HANS GÖPFERT
Prima!
Hier hat das bat-Studiotheater der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst
Busch“ zum Sommeranfang und Spielzeitende noch eine flüssige Komödie
herausgebracht. Die Diplominszenierung von Milena Paulovics hebt die
Gute Laune beträchtlich.
Die Geschichte, die Eugéne Labiche in „Die Affäre Rue de Lourcine“
erzählt, könnte verrückter nicht sein. Der Rentier Lenglumé (Sigurd Bemme)
findet eines Morgens einen Kameraden aus frühen Schülertagen (Werner Ziebig)
im Bett. Die beiden waren am Abend zuvor bei einem Klassentreffen nach
Steinbutt und Salat so gründlich blau, dass sie sich nicht erinnern,
was danach passiert ist. Zweifacher Blackout! Und da tauchen in ihren
Hosentaschen seltsame Fundstücke auf: ein blondes Haarteil, ein
Mädchenschuh, ein Häubchen und veritable Kohlestücke. Und als nun
Lenglumés sehr kritisch pikierte Gemahlin versehentlich aus einer - wie
keiner bemerkt - uralten Zeitung den Bericht von der Ermordung einer
Kohlenträgerin vorliest, müssen die beiden Schwerenöter annehmen, sie
selbst hätten die düstere Tat gemeinsam vollbracht. Ein Cousin der
Familie (Matthias Friedrich) als vermeintlicher Tatzeuge, der
Hausdiener (Markus Schoenen) als womöglicher Mitwisser
verschlimmern die Sache noch. Die beiden Kameraden stecken in der
Bredouille und sind nun tatsächlich zum Doppelmord entschlossen. Am
Ende ist aber nur die häusliche Mieze mausetot. Wenn sie nicht nur
markiert.
Wie schon vor Jahren Klaus Michael Grüber, der an der Schaubühne
ebenfalls die Übersetzung von Elfriede Jelinek benutzte, studiert auch
Milena Paulovics nicht gar zu penibel die Abgründe, die sich in der
Seele des Bourgeois und Spießers auftun. Auch bei ihr weht ein Luftzug
von Surrealität durch den vieltürigen Salon. Alle Figuren sind mit
einem närrischen Virus infiziert.
Milena Paulovics lässt die Farce nicht in die Klamotte rutschen.
Manchmal hält die aufgekratzte Handlung in hübschen kleinen Couplets
inne. Und im bürgerlichen Alptraum irren die Figuren choreographisch
wohlsortiert durchs Gelände.
Die
kleine Aufführung im Studiotheater besitzt, bei aller Absonderlichkeit
und Lust am Seltsamen, einen exakten Rhythmus. Die Szenen und Figuren
sind in minutiöser Detailliebe gezeichnet. Mit Eleganz wird die
gedeckte Tafel hereinmanövriert. Und beim anschließenden Menu kommt
Madame (hübsch kapriziös, aber auch ganz schön wut-flammend: Heike
Jonca) regelmäßig zu kurz. Dafür langen die beiden Delinquenten umso
kräftiger zu.
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